Jahreslosung 2019: „Suche Frieden und jage ihm nach!“ Psalm 34,15
Liebe Freunde/Innen unserer Gemeinde!

Welche Sehnsüchte bestimmen uns? Ist es die Sehnsucht nach Frieden, nach Liebe, nach Anerkennung? Die Sehnsucht nach Frieden gehört zu den Ursehnsüchten. Niemand ist von dieser Sehnsucht frei. Und wohin wir schauen, sehen wir den Frieden gefährdet. Auch die großen Staaten denken ganz offen zuerst an sich selbst. Weltweit bangen wir um den Frieden. Der Nahe Osten ist ein Unruheherd. Israel wird bedroht und sucht nach Sicherheit. Global sind es die Wirtschaftskriege – auch um den innenpolitischen Frieden machen wir uns Sorgen. Die Jahreslosung bleibt aktuell. Sie stammt aus dem Psalm 34, einem Psalm Davids. Er sehnt sich nach dem Frieden. Denn er ist auf der Flucht vor Saul, der ihm nach dem Leben trachtet. Und was erbittet er sich von Gott? Zunächst dankt David Gott, dass ER ihn so oft behütet hat. Dann aber erwartet er etwas von sich selbst: Frieden, den anderen ernst nehmen und versuchen, ihn zu verstehen. Er will sich selbst um den Frieden mühen. Gewiss hat David Gott auch um Frieden gebeten. Aber hier im Psalm 34 wendet sich David an sich selbst und erwartet, dass er selbst etwas zum Frieden beiträgt. Ich frage mich: Wie ist das bei uns? Wenn wir Probleme in der Familie oder mit Nachbarn haben, wollen wir dann Frieden suchen oder um jeden Preis triumphieren?
Niemand möchte gerne verlieren, oder „zu kurz kommen“. Trotzdem sind genau diese Ängste die Ursachen dafür, dass wir uns gegen den anderen und uns lieber auf die Siegerseite stellen. Dem anderen aufhelfen, ihm zur Seite stehen - auch wenn kein anderer zur Seite stehen will - erfordert Mut. Was können wir zum Frieden beitragen? Welchen Rat geben wir? - Als erstes wird gerne genannt: »Gib nach!« – »Geh den unteren Weg!« – »Der Klügere gibt nach,« rät der Volksmund. Das würden wir ja gerne tun. Ganz gewiss hilft das oft zum Frieden. Aber rät nicht die Lebensweisheit, dass der Sieger dann erst recht mehr fordert? Wer Frieden schaffen will, muss früher anfangen. Paulus empfiehlt den Streitenden in Philippi: „Einer achte den anderen höher als sich selbst!“ Dieser Grundsatz ist weise. Denn wie viele Spannungen entstehen aus gekränktem Stolz. Wenn wir unser Gegenüber spüren lassen, dass wir ihn schätzen, dass wir positive Seiten an ihm erkennen, dass wir seinen Rat oder seine Kritik ernstnehmen, dann ist der Weg häufig geebnet. Spannungen können gar nicht erst so oft aufkommen. Im hebräischen Urtext heißt Frieden „Shalom“ und bezeichnet den Frieden von GOTT für die Menschen, den weltlichen Frieden und den inneren Frieden eines Menschen. Wir sollen diesem Frieden in allen Dimensionen des Alltags nachjagen. Jagen heißt hier, beharrlich verfolgen und aktiv eintreten für Konfliktlösungen und Versöhnungsprozesse. Was ist da wichtig? Der Frieden fängt da an, wenn ich den anderen und mich selbst verstehen lerne. Wenn ich mich selbst nicht mehr so wichtig nehme und den Mitmenschen vielmehr als gleichwertig ansehe. Wenn ich auf den Anderen zugehen kann, ihm die Hand zur Vergebung reichen kann, wenn ich mit dem Anderen wieder Freundschaft schließen kann. Wo ich lerne dem Anderen zu vergeben und Freundschaft mit ihm schließen kann, da entsteht Frieden. Dazu folg. Weisheitsgeschichte: Zu einem Rabbi kommen die Leute eines Tages mit einer wichtigen Frage: „Wer ist der Mächtigste im ganzen Land?“ Der Rabbi überlegt und antwortet dann: „Wer die Liebe seines Feindes gewinnt, der ist der Mächtigste im ganzen Land!“ Wo Versöhnung geschieht, werden Menschen verwandelt. In seinem Leben hat Jesus wie kein anderer vorgelebt, dass Feindesliebe und Versöhnung ohne Bedingungen geschehen. Im Vaterunser lehrt Jesus uns zu beten: Wir sollen Gott um Vergebung bitten. Daran schließt er an: »wie auch wir vergeben unseren Schuldigern«. Jesus ermöglicht Vergebung. Wenn Menschen sich versöhnen lassen, gilt das auch für ihren Umgang miteinander. Denn Sie übernehmen Verantwortung füreinander. Beziehungen heilen.
Wer Vergebung erfahren hat, ist versöhnt mit seinem eigenen Leben und mit Gott und kann auch anderen den Geist der Versöhnung und des Friedens bringen. Der versöhnende Geist Gottes, aus dem Jesus gelebt hat, möchte auch in unseren Herzen wohnen. Und weil wir als Christinnen und Christen an die Verheißung des Friedens glauben, behalten wir die Hoffnung auf Frieden. Der christliche Glaube bleibt immer auf den Frieden ausgerichtet. Die Engel singen, als den Hirten die freudige Nachricht verkündet wird: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen ein Wohlgefallen.“ (Lukas 2,14).
Später grüßt der Auferstandene seine Jünger mit dem Gruß, „Friede sei mit euch“. Und ich grüße Sie alle herzlichst mit allen guten Wünschen und mit dem Friedensgruß des Apostels Paulus: „Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus “ Phil. 4,7

Ihr
Norbert Müller