Jahreslosung 2013: „Wir habe hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir.“ Hebräer 13,14
Liebe Gemeindeglieder und Freunde unserer Gemeinde!

Die Welt scheint sich heute schneller zu drehen, nur wenig hat Bestand – viele Menschen empfinden das so. Abschiede vom Liebgewordenen sind oft schmerzhaft. Doch die Jahreslosung macht Mut, indem sie eine Zukunft verheißt, die besser ist als die Gegenwart. Vielen Menschen fällt es in unserer Zeit nicht leicht zu sagen, was ihre Heimat ist; manchen ist sie nur eine ferne Erinnerung. Die globalisierte Wirtschaft verlangt nach dem mobilen Mitarbeiter, der an vielen Orten einsetzbar ist. Da wird es schwer, Wurzeln zu schlagen, sich einen Freundeskreis aufzubauen, Familie zu gründen und das Leben zu pflegen, sich zu Hause zu fühlen. Nichts bleibt, wie es war – niemandem bleibt diese Erfahrung erspart. „»Wir haben hier keine bleibende Stadt“, das ist wahr. Wie gut, dass der Satz weitergeht: „Sondern die zukünftige suchen wir“. Etwas steht immer noch aus - wir sind unterwegs in die Zukunft, in der Gott auf uns zukommt. Wir gehen auf den Ort zu, wo wir uneingeschränkte Gemeinschaft haben mit Gott. Diesen Ort gibt es schon. Wir müssen ihn nicht erst bauen und einrichten, uns nicht irgendwie erarbeiten. Die bleibende Stadt ist schon da. Wenn wir sie suchen, dann finden wir den Weg zu Gott. Auf diesem Weg sollen wir uns kein Bild von Gott machen. Das mag manchen erschrecken. Worauf soll ich mich denn verlassen? In welche Richtung soll ich gehen? –
Ich habe dazu eine kleine Geschichte gefunden, von einem Wunderknaben. Dieser Wunderknabe erkannte im zartesten Alter schon die ganze Welt. Unter der Tür des Elternhauses wusste er über alles Bescheid, und von weither kamen die Menschen, um ihn sprechen zu hören und um seinen Rat zu holen. Er war zum Glück auch ein glänzender Redner und ließ den schwierigsten Fragen die größten Worte angedeihen, und manchmal auch die längsten. Man wusste nicht, woher er sie hatte, wie es bei Wunderknaben so ist. Sie lagen ihm einfach im Mund. Sein Ruf ging in die Welt hinaus, und bald wollte man überall von seinem Wissen profitieren. So machte er sich auf die Wanderschaft und nahm sich vor, die ganze Welt, über die er immer gesprochen hatte, nun auch zu berühren. Doch kaum eine Stunde von zu Hause kam er an einen Scheideweg, der ihn zwang, zwischen drei Möglichkeiten zu wählen, denn nicht einmal ein Wunderknabe kann zugleich in verschiedene Richtungen gehen. Er ging geradeaus weiter und musste dabei links ein Tal und rechts ein Tal ungesehen liegen lassen. Schon war seine Welt zusammengeschrumpft. Auch bei der nächsten Gabelung büßte er Möglichkeiten ein und bei der dritten und bei der vierten. Jeder Weg, den er einschlug, jede Wahl, die er traf, trieben ihn in eine engere Spur. Und wenn er auf den Dorf plätzen sprach, wurden die Sätze immer kürzer. Die Rede floss ihm nicht mehr wie einst, als er ins Freie getreten war. Sie war belastet von Unsicherheit über das unbegangene Land, das er schon endgültig hinter sich wusste. So ging er und wurde älter dabei, war schon längst kein Wunderkind mehr, hatte tausend Wege verpasst und Möglichkeiten auslassen müssen. Er machte immer weniger Worte, und kaum jemand kam noch, ihn anzuhören. Er setzte sich auf einen Meilenstein und sprach nun nur noch zu sich selbst: "Ich habe immer nur verloren: An Boden, an Wissen, an Träumen. Ich bin mein Leben lang kleiner geworden. Jeder Schritt hat mich von etwas weggeführt. Ich wäre besser zu Hause geblieben, wo ich noch alles wusste und hatte, dann hätte ich nie entscheiden müssen, und alle Möglichkeiten wären noch da. Müde, wie er war, ging er dennoch den Weg zu Ende, den er einmal begonnen hatte, es blieb ja nur noch ein kurzes Stück. Abzweigungen gab es jetzt keine mehr, nur eine Richtung war noch übrig und von allem Wissen und Reden nur ein einziges letztes Wort, für das der Atem noch reichte. Er sagte das Wort, das niemand hörte, und schaute sich um und merkte erstaunt, dass er auf einem Gipfel stand. Der Boden, den er verloren hatte, lag in Terrassen unter ihm. Er überblickte die ganze Welt, auch die verpassten Täler, und es zeigte sich also, dass er im Kleiner - und Kürzer werden ein Leben lang aufwärts gegangen war.“
Liebe Gemeinde, wir sind auf dem Weg zu Gott. Niemand kann diesen Weg vorher beschreiben. Es gibt nicht einmal eine für alle gültige Landkarte. Nur auf den Weg machen müssen wir uns. Wenn wir stehen bleiben, verpassen wir das Leben. Auf christlichen Jugendfestivals wurden einmal T-Shirts verkauft. Sie zeigten die Weltkugel aus der Sicht eines Außerirdischen. Darauf stand der Spruch: „My home is heaven. I’m only visiting this planet.“ – „Meine Heimat ist der Himmel. Ich bin nur Besucher auf diesem Planeten.“
Diese Gelassenheit wünsche ich uns, bei allem, was wir auf Erden zu ertragen haben. Eigentlich ist unser Zuhause ganz woanders, „wir haben hier keine bleibende Stadt“.
Die neue Welt wird Gottes eigenes Werk sein. Doch das schließt unsere guten Werke hier und jetzt nicht aus, sondern ein. Die neue Welt Gottes zieht uns an. Daraus wächst unser Mut zur Zukunft. Daraus entsteht die Hoffnung, die uns Kraft für unseren Weg gibt.
Ich grüße Sie alle herzlichst mit allen guten Wünschen, vor allem Gesundheit, Freude am Leben und Gottes Segen!!

Herzlichst
Norbert Müller

„Ein Tag, der sagt dem andern, mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit. O Ewigkeit, so schöne, mein Herz an dich gewöhne, mein Heim ist nicht in dieser Zeit.“

Gerhard Tersteegen